Aktuelles

249. Bericht aus Berlin

30. Mai 2023

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ostwestfalen-Lippe war vor fast 20 Jahren Modellregion für den Bürokratieabbau – in einem Zeitraum von drei Jahren wurden Vorschriften außer Kraft gesetzt oder modifiziert, um zu untersuchen, ob der Bürokratieabbau das unternehmerische Handeln in der Region erleichtert und befördert. In den letzten Wochen habe ich viele Gespräche zur Staatsmodernisierung, zum „NEUSTAAT“ geführt. Das Ergebnis ist: Es ist wieder Zeit für eine Modellregion. Heute würde man das als Reallabor bezeichnen. OWL hat dafür die besten Voraussetzungen.

Was halten Sie davon, OWL zu einem Reallabor zu machen, in dem ausprobiert wird, wie Vorschriften abgebaut werden können, wie Verwaltung digitalisiert werden kann, wie Nachhaltigkeit zum Leitprinzip der Politik werden kann? Schreiben Sie mir an ralph.brinkhaus@bundestag.de

Herzliche Grüße

Ralph Brinkhaus

Meine Woche

Die Woche war wieder mal von meinen zwei großen Themen NEUSTAAT und Nachhaltigkeit geprägt:

Am Montag habe ich mich mit Vertreterinnen und Vertretern eines Netzwerks getroffen, das sich für den Erfahrungsaustausch zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im öffentlichen Sektor und in privaten Unternehmen einsetzt. Diese Kommunikation soll helfen, den Wandel in den öffentlichen Institutionen voranzutreiben.

Dienstagabend habe ich bei der Paneldiskussion beim Parlamentarischen Abend des Bundesverbands Nachhaltige Wirtschaft e.V. zusammen mit Politikern der Ampelregierung und anderen Fachleuten über nachhaltiges Wirtschaften, gleiche Wettbewerbsbedingungen und staatliche Rahmenbedingungen diskutiert. In der Nachhaltigkeitspolitik können wir nicht alles gleichzeitig machen: Klimaschutz, Artenschutz, Reduzierung von Emissionen, ökologischere Landwirtschaft, Verbot von Chemikalien (Das sind alles Projekte der Europäischen Kommission). Wir müssen Prioritäten setzen, wenn wir erfolgreich sein wollen und an erster Stelle sollte der Klimaschutz stehen, um so schnell wie möglich eine weitere Erwärmung des Planeten zu verhindern.

Am Donnerstagvormittag konnte ich mich bei einem großen Solarunternehmen über die Möglichkeiten, Potentiale und zukünftige Herausforderungen der Klimawende informieren. Die Produktion von Solarmodulen in Deutschland und Europa ist leider zurückgegangen, weil vor allem China die eigenen Produzenten stark subventioniert hat. Jetzt gilt es herauszufinden, welche Hebel wir bewegen müssen, um die Produktion in der EU auszubauen – nicht nur bei Solaranlagen, sondern auch bei allen anderen Technologien und Technologiekomponenten, die CO2-Emissionen reduzieren.

Donnerstagabend gab es dann einen Austausch mit Abgeordneten des britischen Parlaments und uns Mitgliedern der Deutsch-Britischen Parlamentariergruppe. In Großbritannien geschieht gerade politisch sehr viel und mir ist eine gute Verbindung nach wie vor sehr wichtig und dazu gehört auch ein regelmäßiger Austausch.

Außerdem habe ich in der letzten Woche einen Gastbeitrag mit dem Titel „Raus aus der Agonie – für eine neue Wirtschafts- und Industriepolitik“ für die WirtschaftsWoche geschrieben. Meine drei Vorschläge für eine Antwort auf Inflation Reduction Act der USA, Importabhängigkeit von China und Ressourcenknappheit lesen Sie hier.

Themen der Woche

Die Agenda 2030 und die 17 Sustainable Development Goals der Vereinigten Nationen haben in diesem Jahr die Halbzeit ihres Umsetzungszeitraums erreicht. In dieser Zeit wurde einiges erreicht, aber vieles ist auch noch sehr weit entfernt von der erfolgreichen Zielerreichung.

Die Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V. hat auf ihrer Tagung anlässlich der Halbzeitbilanz eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Gestalten oder Verwalten? – Deutsche Nachhaltigkeitspolitik zwischen Bürokratie und Handlungsdruck“ veranstaltet. Als Mitglied des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung habe ich meine Einschätzung zu den strukturellen Umsetzungsproblemen der deutschen Nachhaltigkeitspolitik mit dem Publikum geteilt. Wenn wir erfolgreich sein wollen, muss die Nachhaltigkeitspolitik der Bundesregierung an Zielen und Kennzahlen gemessen werden – Ministerinnen und Minister sollten dem Bundestag erklären, welche Ziele sie erreicht haben, welche Ziele sie verfehlen und warum das so ist. Wir brauchen evidenzbasierte Politik. Dann werden die Nachhaltigkeitsziele wirklich zur Richtschnur unseres politischen Handelns.

Ein Beispiel ist das Nachhaltigkeitsziel Gesundes Leben. Da ist eine Kenngröße der Anteil der Raucher an der Bevölkerung. Diese Zahl ist in Deutschland immer noch zu hoch. Aufgabe an die Regierung wäre dann die Zahl der Raucher jedes Jahr um den Prozentsatz x zu senken. Einmal im Jahr berichtet dann die Regierung dem Parlament, dass das Ziel erreicht worden ist oder warum es nicht erreicht wurde. Das Parlament akzeptiert das dann oder legt ggf. neue Ziele fest. Im Parlamentarischen Beirat für Nachhaltige Entwicklung versuche ich gerade die Ampel von genau dieser Vorgehensweise zu überzeugen – das ist aber ein dickes Brett.