Aktuelles

237. Bericht aus Berlin

28. November 2022

Sehr geehrte Damen und Herren,

ob das Kompetenzwirrwarr während der Pandemie, lange Genehmigungsverfahren von der Bahnstrecke bis zum Einfamilienhaus, das Warten auf Termine im Rathaus, fehlerhafte ALG2 Bescheide – eine dieser Erfahrungen reicht, um zu wissen: in unserem Staat läuft einiges zu kompliziert und zu langsam. Der Staat, der uns gut durch die letzten 70 Jahre getragen hat, fängt an zu bröckeln. Es ist Zeit für Neues.

So wie vor mehr als 200 Jahren. Da haben Politiker wie der Freiherr vom Stein, Wissenschaftler wie Humboldt und Militärs wie Scharnhorst Preußen komplett neu gedacht. Der wohl bedeutendste dieser Revolutionäre (von oben) war Karl August von Hardenberg. Was würde er tun, wenn er heute leben würde?

Ich bin mir sicher, das Gleiche wie zu Beginn des 19. Jahrhunderts als Napoleon schmerzhaft aufzeigte, dass sich der alte Staat überlebt hat. Er würde Strukturen in Frage stellen und beherzt alte Zöpfe abschneiden. Er würde Neues auf den Weg bringen – wahrscheinlich digital und in am Projekt organisierten Teams. Er würde die gegenwärtigen Krisen nutzen um die Beharrer und Verhinderer zur Seite zu drängen und das Land schneller und leistungsfähiger machen. Es ist in Deutschland wieder Zeit für neue Hardenbergs.

Herzliche Grüße

Ralph Brinkhaus

Meine Woche

Dienstagnachmittag hatten wir eine Delegation des Schweizer Ständerates, der zweiten Kammer des Schweizer Parlaments, zu Gast. Die Schweiz tut sich momentan sehr schwer tragfähige Abkommen zur Zusammenarbeit mit der Europäischen Union abzuschließen. Das und natürlich auch Fragen zur aktuellen Sicherheitssituation in Europa konnten wir mit unseren Schweizer Kollegen und Kolleginnen sehr offen diskutieren.

Beim MIT Kreisverband Berlin-Lichtenberg habe ich Dienstagabend zum Thema „Zwischen Krieg und Corona – Ist der Fachkräftemangel die nächste Gefahr für den Wohlstand in der Bundesrepublik?“ gesprochen und mit den Mitgliedern vor Ort diskutiert.

Am Mittwoch war ich zu Besuch in den Botschaften von Island und Norwegen. Als Mitglied des Europa-Ausschusses bin ich für die Staaten der EFTA (Europäische Freihandelsassoziation) zuständig, zu denen neben Norwegen und Island auch Liechtenstein und die Schweiz gehören. Gesprochen haben wir vor allem über Wirtschaftsbeziehungen aber auch über grüne Energie und Nachhaltigkeit.

Themen der Woche

Diese Woche war Haushaltswoche und der Bundeshaushalt 2023 wurde verabschiedet. Die Ampel steht dabei insbesondere wegen der andauernden Krisen in besonderer Verantwortung und vor großen Herausforderungen. Denn trotz Krise muss ein Bundeshaushalt auch weiterhin nachhaltig, zukunftsorientiert und generationengerecht sein. Das ist der vorliegende Bundeshaushalt nicht. Die Schuldenbremse konnte nur eingehalten werden, weil Christian Lindner über Schattenhaushalte riesige Schuldenberge anhäuft.

Es ist richtig, dass aufgrund der Preissteigerungen die Regelsätze in der Grundsicherung und im ALG 2 zum 1. Januar 2023 deutlich angehoben werden, das habe ich immer betont. Das Prinzip „Fordern und Fördern“ musste aber erhalten bleiben. Der im Vermittlungsausschuss gefundene Kompromiss zum Bürgergeld ist da schon besser als der ursprüngliche Gesetzentwurf der Ampel. Eine gute Antwort darauf, wie man gerade Langzeitarbeitslose wieder schnell in Arbeit bringt und wie man Migranten schneller in den Arbeitsmarkt integriert, ist aber auch das nach dem Vermittlungsausschuss abgespeckte Bürgergeld nicht.